Auftritt des Unschuldslamms


Hartnäckig bestreitet Lance Armstrong, gedopt zu haben

Matti Lieske

BERLIN, 25. August. Larry King ist gefürchtet wegen seiner knallharten Fragen. Dass Lance Armstrong am Donnerstag bereit war, sich dem Kreuzverhör des Inquisitors vom Sender CNN auszusetzen, zeigt vor allem eines: Er ist nicht gewillt, klein beizugeben. Dies hatte er auch schon am Mittwoch erkennen lassen, als er bei einer länger geplanten Pressekonferenz von Sponsoren nicht umhin kam, Stellung zu den jüngsten Dopingenthüllungen zu nehmen. Die französische Zeitung L'Equipe hatte sechs Dopingproben von der Tour de France 1999, die das Blutdopingmittel Erythropoietin (Epo) enthielten, als die seinen identifiziert.

Wütender Rundumschlag

Besonders verärgert äusserte sich Armstrong über Tour-Direktor Jean-Marie Leblanc. "Wenn er sagt, ich hätte die Fans betrogen, dann ist das absurd", schimpfte der siebenmalige Gewinner der Tour. Auch L'Equipe bekam ihr Fett weg. "Es geht doch nur darum, Zeitungen zu verkaufen. Das hat geklappt", sagte Armstrong. Er prüfe derzeit, ob er gerichtlich gegen die Zeitung und das Labor Chatenay-Malabry, das B-Proben von 1999 zu wissenschaftlichen Zwecken analysiert hatte, vorgehen wolle. Er erklärte aber auch: "Ich weiss nicht, ob ich eineinhalb Millionen Dollar und zwei Jahre meines Lebens dafür geben will. Ich habe Besseres zu tun."

Offenbar gut beraten von seinen Anwälten, legte der 32-Jährige zielsicher den Finger auf die Schwachpunkte der gegen ihn vorgebrachten Beweise. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass er sich dabei ausgerechnet auf den Code der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) berief. "Wie kann man jemanden verfolgen, indem man den Wada-Code verletzt?", fragte er. "Es gibt keine A, B- oder C-Probe, um die Sache zu bestätigen oder zu entkräften." Ausserdem müssten Proben anonym bleiben und dürften nur mit Genehmigung untersucht werden. "Das sind ernste Verstösse", sagte Armstrong, der auch vor Verschwörungstheorien nicht zurückschreckte: Es könne sich um einen Racheakt wegen nicht für Paris abgegebener Stimmen bei der Vergabe der Olympischen Spiele 2012 handeln.

Wer wisse im übrigen schon, wie man die Proben in den sechs Jahren gelagert und behandelt hätte, fuhr Armstrong fort. "Als ich sie abgab, war jedenfalls kein Epo drin, das garantiere ich." Wie alle Dopingverdächtigen verwies er auf negative Tests: "Wir haben nicht nur ein Jahr mit einer B-Probe, wir haben sieben Jahre mit A- und B-Proben." Darauf, dass bei der Tour 1999 zum letzten Mal nicht auf Epo getestet wurde, ging er nicht ein. Im Jahr 2000 wurden alle Proben eingefroren, jene von Armstrong liessen die französischen Behörden später ergebnislos testen. Ab 2001 war der Epo-Test obligatorisch. Ein Grund, weshalb der 2004 erwischte und danach geständige Radprofi Philippe Gaumont zum aktuellen Fall nur lapidar sagte: "Was soll daran eine Enthüllung sein? 1999 hat doch jeder Epo verwendet."

Lance Armstrong indes wiederholte einmal mehr sein Mantra: "Ich habe nie etwas Verbotenes genommen." Viele amerikanische Fernsehzuschauer werden sich so bei der Larry-King-Show an den gar nicht lange zurückliegenden Auftritt eines anderen berühmten Sportlers erinnert haben. Im Frühjahr hatte der Baseballspieler Rafael Palmeiro bei einem herzzerreissenden Auftritt vor dem US-Kongress beteuert, er habe nie in seinem Leben Anabolika genommen. Wenige Wochen später wurde Palmeiro positiv getestet - auf Anabolika.


Quelle
http://www.berlinonline.de


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