Hot Spot im Indischen Ozean


Mauritius will zur Cyber-Insel werden

Der Inselstaat Mauritius soll flächendeckend mit drahtlosem Internetzugang überzogen werden. Mit dem Anschluss an zwei submarine Glasfaserkabel schafft das Land zudem eine Verbindung von Asien via Afrika nach Europa. Doch es mangelt an Fachkräften. 

ii. Nicht nur geographisch ist Mauritius eine Insel, auch kulturell und in der demographischen Zusammensetzung ist das Land in seiner Einzigartigkeit von der Lage zwischen dem afrikanischen Kontinent, Südasien und Australien geprägt. Nun will der kleine Staat im Indischen Ozean zur Cyber-Insel werden. Erste Absichtserklärungen erfolgten bereits vor Jahren, als mit der Mobiltelefonie eine neue Technologie auf Mauritius Fuss fasste. Politiker schwärmten bei jeder sich bietenden Gelegenheit von den immensen Entwicklungsmöglichkeiten und von den idealen Voraussetzungen dank der Mehrsprachigkeit der Bevölkerung. Investoren aus mehreren Ländern, darunter Indien und China, standen bereit, doch die Behörden taten wenig, um deren Markteintritt zu erleichtern.
Wirtschaftliche Dämpfer als Motor

Es brauchte den Zusammenbruch der Rohzuckerpreise, der die Landwirtschaft schwer beeinträchtige, sowie die Erkenntnis, dass der Tourismusmarkt volatiler ist als zunächst angenommen. Nun werden die ICT-Projekte vorangetrieben, denn der Industriezweig soll zu einer tragenden Säule der Wirtschaft werden. Noch unter der alten Regierung, die im vergangenen Sommer abgewählt wurde, entstand in der Nähe der Hauptstadt Port Louis ein Miniatur-Silicon-Valley. Der Ort Ebène, früher kaum auf der Karte verzeichnet, beherbergt die «Cybercity» mit den beiden «Cybertowers», Wohneinheiten und bald auch einem Hotel. Bei den «Cybertowers» handelt es sich nicht etwa um Türme, sondern um «intelligente» Gebäude mit zehn bis zwölf Stockwerken, die nun zum Kernstück der Cyber-Insel werden sollen. Vorbild ist der Tech-Park der indischen Stadt Bangalore, der mittlerweile etwa 40 000 Arbeitsplätze umfasst.

Durch die Einrichtung eines flächendeckenden Funknetzwerks auf der Basis der Wimax- Technologie sollte die Insel bis Ende März zu einem riesigen Hot Spot für den Internetzugang werden. Doch noch herrscht im Osten und Süden des Landes, dort wo Hügel und Berge dominieren, Funkstille, wie unser Feldversuch ergab. Selbst in den Vier- und Fünf-Sterne-Hotels wird das Surfen im Web zur Geduldsprobe. In der lokalen Presse melden sich frustrierte Studenten zu Wort, die den Behörden vorrechnen, um wie viel teurer die Breitbandanschlüsse im internationalen Vergleich seien und um wie viel weniger leistungsfähig. Nach jüngsten Erhebungen sollen nur etwa 15 Prozent der Mauritier Zugang zum Web haben, der Rest kann sich die hohen Preise nicht leisten. Dieser Missstand, sagt ein französischer Geschäftsmann in der Hauptstadt Port Louis, sei vor allem auf das Monopol der staatlichen Telecom-Gesellschaft Mauritius Telecom zurückzuführen. So habe er monatelang auf den bestellten ADSL-Zugang für seine Privatwohnung warten müssen.

Investitionen in die Schulung

Mit der - allerdings erst zögerlichen - Liberalisierung des Kommunikationsmarktes will die Regierung nun neue Impulse geben. Sie versteht die Cyber-Insel auch als Knotenpunkt zwischen Südasien, Australien und Afrika. Seit vier Jahren ist Mauritius mit dem interkontinentalen Glasfaserkabel Safe (South African Far East) verbunden. Nun will sich das Land auch an das submarine Kabelsystem EASS (East African Submarine System) anschliessen und wäre dann bis nach Europa vernetzt. Damit könnten Übertragungs- Kapazitäten bis 80 MByte/s erreicht werden. Firmen aus Indien, China und den Emiraten haben bereits Niederlassungen gegründet. Doch Kritiker bemängeln, dass sich in der Cybercity vor allem Call-Center niedergelassen hätten. Es fehlt an gut ausgebildeten Informatik-Fachkräften.

Dieses Problem wird nun energisch angegangen: Die nationale Computer-Behörde hat Ende Juli ein umfangreiches Schulungsprojekt lanciert. Pro Jahr sollen 100 000 Mauritier eine kostenlose Informatik-Grundausbildung erhalten, die mit einem international anerkannten Zertifikat abschliesst. 400 000 Personen werden insgesamt geschult, das ist ungefähr ein Drittel der Bevölkerung. Zusätzlich wird ein neuer Studiengang in Informations- und Kommunikationstechnologie eingeführt. Da auf Mauritius neben Englisch und Französisch auch Hindi und Urdu verbreitet sind, kann das Land, etwa im Software-Bereich, eine Vermittlerrolle zwischen Indien und Afrika übernehmen. Gelingt der Plan, zur digitalen Drehscheibe zu werden, hätte das Land auch für die technische Entwicklung Afrikas eine Schlüsselposition inne.

 


Quelle
http://www.nzz.ch


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